
Gebiete zum Schutz des Wassers
In letzter Zeit teile ich Landschaften manchmal in zwei verschiedene Gruppen. Einmal die Landschaft, die ich betrachte, und die mir im besten Fall das Erstaunen und die Freude an der Schönheit der Natur näher bringt. So wie neulich, als ich abends einen kleinen Spaziergang über die Felder in meiner Nähe machte und die Dämmerung abpasste. Im Westen waren der Himmel und die Wolken in orangene und rosa Farben getaucht. Im Osten stand der Vollmond so niedrig über dem Horizont, dass er die Dächer des Wohngebietes in der Ferne zu berühren schien. Es war still, nur im Hintergrund hörte ich das Rauschen der Autos auf der nahegelegenen Landstraße. Der Mond schien in diesem Moment nur für mich zu leuchten.
Das ist ein Beispiel für die eine Art von Landschaft. Die andere Art der Landschaft beginnt für mich nach einem blauen Schild, in dessen Mitte ein weißes Quadrat mit einem Symbol für einen Tankwagen, darunter zwei Wellen, gezeigt ist. Die Aufschrift: Wasserschutzgebiet. Das ist eines dieser Schilder, die man im Alltag oft übersieht. Kein achteckiges rotes Stoppschild, keine Geschwindigkeitsbegrenzung in einem Kreis mit einem roten Rand und auch kein umgekehrtes Dreieck, als Zeichen für „Vorfahrt gewähren“. Nein, nur ein blaues zurückhaltendes Schild, manchmal auch auf Feldwegen und abseits von großen Verkehrsstraßen zu finden. Man könnte denken, dass es unwichtig ist. Aber nein, dieses Zeichen weist auf ein Wasserschutzgebiet hin – und Wasserschutzgebiete sind von großer Bedeutung.

Im Wasserhaushaltsgesetz ist beschrieben, dass Wasserschutzgebiete festgesetzt werden dürfen, wenn es dem Wohl der Allgemeinheit dient. Gewässer, die für die jetzige oder künftige Trinkwasserversorgung wichtig sind, sollen damit vor unerwünschten Einwirkungen geschützt werden. Unerwünscht sind beispielsweise hohe Einträge von Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln. Um die öffentliche Trinkwasserversorgung zu schützen, gibt es deswegen Vorgaben, wie die Landschaft in Wasserschutzgebieten genutzt werden darf – oder eben nicht.
Trinkwasserschutzgebiete werden in unterschiedliche Zonen unterteilt. Jede Zone hat eine andere Schutzbestimmung. Das bereits beschriebene Schild wird aufgestellt, wenn öffentlicher Verkehr auf den Straßen und Wegen unterwegs ist, die durch ein Wasserschutzgebiet führen. Ist ein solches Zeichen zu sehen, befindet man sich entweder in Schutzzone II oder III. Für den privaten Verkehr in Wasserschutzgebieten gibt es ein weiteres Schild: Ebenfalls ein blauer Hintergrund, ein weißes Quadrat dazu und drei gewellte Linien.

Die Zone 1 wird auch Fassungsbereich genannt. Das ist der Bereich, in dem sich die Brunnen und Quellen befinden. Hier soll im Umkreis von einigen Metern das Land in keiner Weise genutzt werden. Wenn sich Schadstoffe durch einen Unfall auf dem Land verteilen, kann nicht verhindert werden, dass der Stoff durch den Boden in das Wasser gelangt und im schlimmsten Fall bei den Verbrauchern aus dem Wasserhahn kommt. Auch die Zone 2, die engere Schutzzone, dient dem Schutz des Wassers. Hier soll vor allem der Eintrag von mikrobiellen Verunreinigungen verhindert werden. Dazu gehören Bakterien, Viren und Parasiten. Deshalb wird in Schutzzone 2 eine sogenannte 50-Tage-Linie gezogen. Das bedeutet, dass das Wasser von der Grenze der Schutzzone 2 fünfzig Tage benötigt, um den Fassungsbereich zu erreichen. Innerhalb dieses Zeitraums sterben die Krankheitskeime in der Regel ab und können so den Menschen, die dieses Wasser trinken, nicht mehr schaden.
Die weitere Schutzzone 3 umfasst im besten Fall das gesamte Einzugsgebiet und soll das Wasser vor schwer abbaubaren chemischen Verbindungen und Radioaktivität schützen.
Wasserschutzgebiete haben noch andere Funktionen. Es können Orte zum Schutz der Biodiversität sein, wenn nicht so oft gemäht wird. Es sind Orte, in denen Menschen vergleichsweise wenig eingreifen, wodurch andere Lebewesen eine Chance bekommen. Besonders fasziniert hat mich in letzter Zeit eine Quellfassung im Wald, abseits von Straßen, die früher zur Trinkwassergewinnung genutzt wurde. Heute fließt das Wasser ungenutzt in den Wald und dient den Pflanzen und Tieren. Es ist ein verborgener Ort, den ich an einem Spätsommertag besuchte, als es warm war und die Sonne bereits niedriger am Himmel stand. Ihr Licht reichte dennoch aus, um durch die Lücken in den Blättern hindurchzustrahlen und das Wasser der Quelle leuchten zu lassen. Leises Plätschern war zu hören und das Summen einiger Insekten, die ebenfalls im Sonnenlicht leuchteten. Und während ich dies schreibe, stelle ich mir die Frage, wie sinnvoll meine Unterteilung der Landschaft in die Gruppen Wasserschutzgebiet und Nicht-Wasserschutzgebiet ist. Unvollständig ist diese Einteilung allemal. In anderen Rechtsbereichen gibt es viele andere Formen von Schutzgebieten, von denen jede ihren eigenen Schutzzweck hat. Naturschutzgebiete, Biosphärengebiete, Nationalparke und Landschaftsschutzgebiete – um nur ein paar zu nennen. Wasserschutzgebiete betrachten nur einen Teil der Landschaft – denjenigen, der das Wasser für die Menschen bereitstellt.

