
Vom Nebel
Nebel hat den Ruf langweilig, trist und grau zu sein. Doch Nebel ist sehr viel besser als sein Ruf.
Chemisch gesehen ist Nebel ein Aerosol mit zwei verschiedenen Daseinsformen. Nebel kann aus Wassertropfen und Luft oder Eiskristallen und Luft bestehen. Ist die Sichtweite geringer als einen Kilometer, wird von Nebel gesprochen. Anhand der Tropfengröße wird sogar zwischen leicht nässendem Nebel (bei einem Tropfenradius zwischen 5 bis 10 µm) und dichtem nässenden Nebel (Tropfenradius zwischen 10 bis 20 µm) unterschieden.
„Aerosol(e sind) in der Luft oder anderen Gasen feinst verteilte Schwebstoffe (…) fester oder flüssiger Beschaffenheit.“
Spektrum Biologie
Je nachdem, wo man sich gerade befindet, hat dieses Wasser-Luft-Gemisch einen besonderen Geruch. In Waldgebieten riecht der Nebel erdig und frisch. Bei Wegen, die nahe an Straßen vorbeiführen, riecht der Nebel manchmal nach Rauch; und in den Bergen riecht Nebel einfach wunderbar klar und rein. Dieser Nebel streichelt sanft die eigenen Nasenflügel, wenn man ihn tief einatmet und kitzelt hinunter bis in den Hals. Man könnte den Nebel nach seinem Geruch in Waldnebel, Siedlungsnebel und Bergnebel eingruppieren.
Die wissenschaftlich korrekte Unterteilung der Nebeltypen lautet jedoch anders: Es gibt Verdunstungsnebel, Mischungsnebel und Abkühlungsnebel. Letzterer wird weiter in die Nebelarten Strahlungsnebel und Advektionsnebel unterteilt.
Für alle Nebeltypen gilt: Sie entstehen, wenn der Wasserdampf in der Atmosphäre kondensiert. Damit es zur Kondensation kommt, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein. Erstens müssen sogenannte Kondensationskerne vorhanden sein. Diese sorgen dafür, dass aus dem Wasserdampf Tröpfchen gebildet werden. Zweitens muss der Wasserdampf übersättigt werden. Das geschieht, wenn entweder mehr Wasserdampf zugeführt wird oder die Luftmassen eine starke Abkühlung erfahren.
„(Kondensation ist ein) Phasenübergang von Gasen oder Dämpfen in den flüssigen Aggregatszustand.“
Spektrum Geographie
Wenn beide Wege – Abkühlung der Luft und Wasserdampfzufuhr – gleichzeitig ablaufen, dann kann man in den Genuss von Mischungsnebel kommen. Für das Entstehen von Verdunstungsnebel muss – wie der Name schon sagt – etwas verdunsten. Dazu braucht es oft einen warmen und feuchten Boden. Dieser reichert die darüberliegende Luftschicht mit Wasserdampf an, bis der Punkt erreicht ist, an dem der Dampf kondensiert und sich Nebel bildet. Im Gegensatz dazu entsteht Strahlungsnebel, wenn sich nachts die Erdoberfläche stark abkühlt. Die Luftmassen darüber geben ihre Wärme wieder an den Boden ab und werden dabei kühler. Dadurch kondensiert der Wasserdampf und bildet die Tröpfchen, die zusammen den Nebel bilden. Die andere Nebelart, der Advektionsnebel, entsteht auf ähnliche Weise. Er bildet sich, wenn warme, feuchte Luftmassen über eine kalte Oberfläche streichen und sich dabei Abkühlen. So können dichte Nebeldecken entstehen, die sich viele hundert Meter ausdehnen und mehrere Tage bestehen können.
Aus einer physikalischen Sichtweise heraus betrachtet, wird Licht an den Nebeltropfen gestreut, wodurch die Sichtweite abnimmt. Dabei verschwindet das Ferne, doch die nahen Dinge treten stärker hervor. Spinnennetze, die sich sonst unsichtbar über schmale Waldwege ziehen, macht der Nebel sichtbar. Die feinen Nebeltröpfchen an den Netzen bilden ein Gesamtkunstwerk der Natur. Auch ein im Tageslicht gewöhnliches Feld von Gründüngungspflanzen zeigt im Nebel einen besonderen Charakter. Das gedämpfte Licht der Sonne hebt die feinen Strukturen der Pflanzen hervor und der sonst so vertraute Feldweg erhält ein verwunschenes Aussehen.
Es zeigt sich, dass die Betrachtung des Nebels wechselnd ist. Sein Ruf könnte somit anders sein. Nebel ist nicht nur trüb. Er ist abwechslungsreich, interessant und erst wenn man ihn in naturnahen Gebieten tief einatmet, nimmt man seinen besonderen Geruch wahr.

